Wo leben wir? –
Demokratie oder Faschismus? | ||
Es
ist Nachmittag in der Republica Hammaburgum zur Stunde des Endes der
circensis
in der Arena von suburbium oder auch vicus St. Pauli. Ich bin auf dem
Weg zu
einem conventum von civis der Republica, die ihre Meinung zu ihrem
eigenen
Leben der gesamten Republica kund tun wollen. Zunächst konnte ich kein
conventum entdecken; jedoch erregte eine grosse Zahl von lictores
Aufmerksamkei,
die in ihren kämpferischen Rüstungen in eine Richtung in die Budapester
Strasse
strömten. In
alten Zeiten beschützten die Liktoren die höchsten Beamten – Konsuln,
Prätoren
und Diktatoren – Roms. Ihre Streitäxte verbargen sie in Rutenbündeln,
den
„fasci“, die sie über der linken Schulter trugen. Was
ist geschehen? Werden die Prätoren der Pfeffersack-Republik von
barbarischen
Vandalen aus fremden Provinzen bedroht? Sind grosse Horden
eingedrungen, die
die Diktatoren des Kapitals bedrohen? Fürchten die Konsuln um ihren
Besitz? Ich
folge einfach den Truppenbewegungen und muss tatsächlich feststellen,
dass sich
eine kleine Gruppe der civis vor dem Eingang zur Arena versammelt hat.
Die
Menschen stehen friedlich auf dem Platz und reden miteinander. Über
Lautsprecher werden protesterfahrene Mitbürger
gebeten, sich als Ordner für den bald beginnenden Umzug zur Verfügung
zu stellen.
Hier ist ein Protestzug im Stadium der letzten Vorbereitung, der sich
zur
Verwaltung des Prokonsuls Schreiber begeben soll. Die
Teilnehmer werden wohl als sehr schlagkräftige, stark bewaffnete und
gefährliche Kriegsmannschaft
eingestuft.
Wie sonst soll ich mir den Aufmarsch einer solch grossen Zahl der
Verteidiger
erklären? Vor
ihrer Stammkneipe nutzen Anhänger des FC St. Pauli die weiträumig
abgesperrte
Strasse zum Feiern; jedoch nicht lange: Hier wird die Kavallerie
eingesetzt zum
Schaffen von freier Bahn für die Staatsgewalt. Ein Anführer ist
offensichtlich
schon freudig gestimmt und marschiert guten Mutes seinem Gefolge voran. Später
berichten die Medien von etwa 1.800 bis 2.500 Demonstranten, die ihren
genehmigten Weg nehmen wollen zur Innenstadt. Auch wird berichtet, dass
2.000
Mitarbeiter der Staatsmacht zur Kontrolle eingesetzt sind. Die
Republica
Hammaburgum hat keine solche Zahl zur Verfügung und Unterstützung aus
anderen
Provinzen angefordert: z.B. aus Rheinland Pfalz (Anreise etwa 520
km,
Niedersachsen (Anreise etwa 160 km), Brandenburg (Anreise etwa 400 km).
Da
kann sich ein Polizist fast einen „Bürger“ an die Hand nehmen und ihn
sicher
durch die Stadt begleiten! Wozu benötigt man da martialische Rüstungen
und
Helme, Schusswaffen, chemische Waffen (sind die nicht in vielen Teilen
der Welt
geächtet?) und Knüppel („Stöcke an Arm!“ lautet das Kommando – so ich
mich
richtig erinnere)? Friedlich
mit Musik ziehen die Menschen begleitet und eingeengt durch „fest
geschlossene Reihen“
(Konnte man dies nicht schon in früheren Jahren in einem Lied hören?) in Richtung Innenstadt. Dann
passierte es im Valentinskamp, kurz vor Ankunft am Gänsemarkt:
„Achtung,
Achtung! Hier spricht die Einsatzleitung der Polizei. Die Route wurde
geändert:
…… Es ist 15:30
Uhr“ (Vielleicht wurde
zu diesem Zeitpunkt auch die Veranstaltung als beendet erklärt). Offensichtlich
wird die Tatsache, dass einige Wenige (sehr Wenige) der Protestler
gewagt
hatten, gegen die Übermacht der bewaffnetet Staatsgewalt aufgemuckt
hatten. Es
gab 3-4 Rauch entwickelnde Artefakte und es flog wohl auch die eine
oder andere
Flasche. Das
war selbstverständlich zu viel für die Mächtigen. Es ist Samstag
Nachmittag; in
der Innenstadt sind all die Gucci, Dior, Cartier, Rolex und andere
teure Label
jagenden und somit schutzbedürftigen Herrschaften und aufgespritzten
Charity
Ladies unterwegs. Den Anblick will man ihnen doch ersparen. Auch
könnten sie
es ja auch als
Belästigung ansehen,
vielleicht in einem der Strassenkaffees beim Genuss eines Caffe Latte
(einfacher
Filtercaffee ist aus der Mode!) oder ihres Nachmittagschampagner in
ihrer Ruhe
gestört zu werden. Drum kamen 2-3 Flaschen und etwas Rauch gerade
recht!
Konzernkaiser fürchteten wohl um Umsätze und Gewinn und damit um ihre
Profite. Ich
bin kein Psychologe, auch nicht besonders auf dem Wissensgebiet
geschult. Seit
nunmehr deutlich über 50 Jahren wohnt ein Pazifismus in mir; Zerstörung
Gewalt
lehn(t)e ich grundsätzlich ab. Bei einem solch provozierendem Aufmarsch
der
bewaffneten Staatsmacht – besonders auch aus eigenem Erleben anlässlich
der
Demo am vergangenen Samstag, bei der ich selbst mit chemischem
Kampfstoff im
Gesicht angesprüht wurde – jedoch steigt in mir die Wut und der fast
unbändige
Wunsch nach Pflastersteinen! Ich
kann die Menschen, die direkt von Massnahmen der herrschenden und
beherrschenden Bürokratie betroffen sind, verstehen, dass sie solche
Gedanken
hegen und auch umsetzen. Die
Leitung der Veranstalter hat das Verlassen des im voraus genehmigten
Weges
abgelehnt und die Demonstration als beendet erklärt. Schon vorher war
der Umzug
auseinander gezogen. Nun wurde die „Kerngruppe“ voll von der
Staatsmacht
umzingelt und bedroht. Als Unterstützung dienten Wasserwerfer – ich
meine, es
waren sechs Stück an der Zahl. Wie unmenschliche Ungetüme strahlten
ihre
Scheinwerfer auf die Menschen; drohende Kanonen dienten zur
Einschüchterung von
legitimen Bürgern und hinderten sie in der Ausübung ihres im
Grundgesetz
verbrieften Rechtes auf freie Meinungsäusserung!
Es
wird nicht das letzte Mal sein, dass Menschen ohne Lobby und ohne Macht
von den
Ausbeutern des Volkes unterdrückt und kriminalisiert werden. Dies ist
festgelegte Politik, die auch fortgesetzt wird. Besonders die
Springer-Presse
schreibt dann auch in schreierischen Überschrift: „Fünf Polizisten
verletzt von
gewalttätigen Demonstranten“ (Freies, inhaltliches Zitat). Die
Provokation der
Staatsmacht (Verhältnis Demonstranten zu Polizei etwa 1:1) wird nicht
erwähnt. Hat
der Konzern vergessen, dass er durch seine tendenzielle
Berichterstattung im
Sinne Monopolkapitalistischer Unternehmen dafür gesorgt hat, dass die
öffentliche Meinung aufgepeitscht wurde? Letztlich führte dies zur
Ermordung
von Benno Ohnesorg und dem Attentat auf Rudi Dutschke, das letztlich
Ursache
für seinen frühen Tod war. Wo
leben wir heute? Es sind nicht mehr Menschen, die Märkte und das
menschliche
Miteinander bestimmen. Es sind die Algorithmen im Cyberspace –
demokratisch
nicht mehr zu bestimmen -, die einigen Wenigen immer mehr Reichtum
bringen. Es
ist die Pathologie der Macht und des Geldes, die diese Menschen restlos
zerfressen hat, sodass sie zu einem Handeln mit Vernunft nicht mehr
in der
Lage sind. Deshalb lassen sie sich von ihren Liktoren mit ihren „faci“ wie einst die Herrscher im alten Rom beschützen. Kann man dieses Handeln noch als demokratisch bezeichnen? Wie die Antwort auch immer sein wird: Venceremos! |