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Seminolen, Widerstand und Vertreibung

Während der frühen Tage ihrer Existenz hat die US Regierung eine Politik der Vertreibung und der Auslöschung gegen die Ureinwohner der östlichen USA geführt; sie wurden systematisch von den „weissen“ Siedlungen entfernt. Florida war bis 1821 unter der Kontrolle der Regierung Spaniens, aber die US Gebiete Georgia, Alabama und Louisiana waren ihre unmittelbaren Nachbarn. Die US Regierung wollte mit allen Mitteln die Spanier aus Florida vertreiben – auch mit Krieg -, um dieses reiche Land in Besitz zu nehmen.

Spanien konnte auf Dauer eine Unterstützung Floridas sich nicht leisten. In den Jahren 1784 bis 1821 war Florida ein Schauplatz von ständigen internationalen Auseinandersetzungen; auch Abenteurer beteiligten sich daran in dem Wunsch dort ihr eigenes Reich aufzubauen. 1821 wurde Florida von den Spaniern an die US Regierung abgetreten.

Die englisch sprechenden Einwanderer nannten die Maskóki Stämme in Alabama ironisch „Creeks“; im „Creek War“ von 1813 – 1814 erhoben sie sich gegen weisse Siedler.  General Andrew Jackson schlug diesen Aufstand brutal nieder und veranlasste Tausende von Kriegern und deren Familien nach Süden ins spanisch beherrschte Florida. Dort vereinten sie sich mit den Nachkommen vieler anderer Stämme die überall in Florida schon viele tausend Jahre ansässig waren. Die Indianer, die den Kern dieser Gruppe in Florida bildete, nannte sich selbst „yat’siminoli“ (free people); Jahrhunderte hatten ihre Vorfahren den Anstrengungen der Spanier und Engländer zur Eroberung ihres Landes widerstanden. Bald nannten alle weissen Amerikaner die Indianer in Florida Seminolen.

Die Spanier konnten nicht genügend Truppen zur Kontrolle der langen Grenzen Floridas bereitstellen. Das Land wurde regelmässig von weissen Siedlern benutzt, die über die Grenzen hineinkamen. Englische Kriegsschiffe ankerten vor der Golfküste und englische Agenten ermutigten die Seminolen, Creeks und Mikusúki gegen die US Besiedlung offen Widerstand zu leisten. Die US Behörden, verärgert darüber, dass die Spanier den Engländern keinen Widerstand leisten und die Indianer kontrollieren konnten, waren verärgert über den Schutz von den Baumwoll- und Tabakpflanzungen des Südens entlaufener afrikanischer Sklaven. Diese Menschen haben über 100 Jahre im spanischen Florida Zuflucht gefunden; die neue US Regierung war bemüht, dass dies beendet werden muss. Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert eskalierte der Konflikt; Rassenhass wurde zur Gewalt, die sich im Grenzgebiet immer mehr aufbaute.

Als General Andrew Jackson auf Geheiss amerikanischer Baumwollpflanzer und Sklavenhändler Floridas internationale Grenzen überschritt um das „Indianerproblem zu lösen“ veranlasste er damit internationale Proteste. Während einer Dauer von sieben Jahren brannte er indianische Siedlungen nieder, fing entlaufene afrikanische Sklaven ein und hing einen Maskóki Medizinmann und zwei Engländer, von denen er annahm, dass sie die Indianer aufstachelten. Diese Aktionen in den Jahren 1814 – 1818 nennt man den ersten Seminolen Krieg.

Die Konflikte endeten damit nicht – sie wurden grösser. Durch die Verträge von Moultrie Creek (1823) und Payne’s Landing (1832) und viele Gespräche und Treffen glaubten die US Indianeragenten die Florida Indianer zu überzeugen, ihre Rinder und Schweine an die US Regierung zu verkaufen, entlaufene Sklaven zurückzugeben an ihre „rechtmässige Besitzer“, ihr angestammtes Heimatland Florida zu verlassen und nach Westen zu ziehen in ein Gebiet westlich des Mississippi, Arkansas. Bald nachdem der Indianerjäger Jackson 1830 Präsident der Vereinigten Staaten wurde brachte er im Kongress ein Gesetz zur Entfernung der Indianer durch. Mit diesem Gesetz wurden die Vorhaben der Regierung, die Indianer aus dem Südosten zu vertreiben und das Land für weisse Siedler zu öffnen amtliche Politik; der Wille des Parlamente zur Bereitstellung von Geldmitteln zur Unterstützung der Armee wuchs.

Der Konflikt,  unvermeidbar aus dieser Politik, begann 1835; die kommenden sieben Jahre, die er dauerte, waren die tragischsten Jahre in der Geschichte der Beziehungen der US Regierung zu den Indianern östlich des Mississippi. Er wurde bekannt als der zweite Seminolen Krieg. Die Kosten beliefen sich auf fast 40.000.000 $ um etwa 3.000 Maskóki aus Florida nach Oklahoma umzusiedeln. Es war der einzige Krieg in der Geschichte gegen Indianer, in dem nicht nur die Armee sondern auch die Marine involviert war. Zusammen mit dem dritten Seminolenkrieg, einer Serie von Geplänkeln in den  Jahren 1856 bis 1858, benötigten die USA den grössten Teil der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts um ohne Erfolg etwa 5.000 Seminolen aus Florida zu vertreiben.

Ungleich dem „Trail of Tears“, der zu einem einzigen Zeitpunkt 1838 erfolgte und in welchem einige Tausend Cherokees auf einen Todesmarsch nach Westen geschickt wurden, begann die Umsiedlung der Seminolen früher und dauerte 20 Jahre länger. Bei beiden Aktionen war das menschliche Leiden unermesslich und der Fleck auf der Ehre einer grossen Nation – der Vereinigten Staaten – kann nie ausgelöscht werden. Die Seminolen, Männer, Frauen und Kinder, wurden mit Bluthunden gejagt, wie Rindvieh zusammen getrieben und auf Schiffe gebracht, die sie nach New Orleans und den Mississippi hinauf fuhren. Zusammen mit einigen Hundert geflohener Sklaven, die mit ihnen gekämpft hatten, wurden sie über Land nach Fort Gibson (Arkansas) gebracht, in ein fremdes und ungewohntes Land, in dem sie von anderen Stämmen angegriffen wurden im Kampf um die geringen Ressourcen, die alle zum Überleben benötigten.

Zusätzlich zu „Old Hickory“ - wie Jackson genannt wurde – gibt es eine lange Liste von Führern im US Militär, die fast ihr Ansehen zerstört haben im Versuch der Vertreibung der Seminolen aus einem Gebiet, das heiss und nass im Sommer und kalt und nass im Winter war, in dem nur Alligatoren, Moskitos, Schlangen und Seminolen überleben konnten. Ein weisser Soldat sagte einmal: „wenn der Teufel Florida und die Hölle besitzen würde, würde er Florida vermieten und in der Hölle wohnen“.

William S. Harney, der später Stämmen im Westen erzählen wird: „Der grosse weisse Vater hat mich zu Euch geschickt um Euch zu bestrafen!“, lernte seine Taktiken zum Kampf gegen die Indianer in Florida. Winfield Scott, der einzige US Befehlshaber, der aus den Kriegen in Florida ohne Rufschaden heraus kam, reorganisierte das gesamte Establishment der US Truppen in den Taktiken des Kampfes im offenen Feld. Noch heute studieren die Studenten der Militärschulen die „schlagen und rennen Taktik“, die aus den Seminolen Kriegen stammen. Es war das erste mal, dass US Soldaten eine Guerrilla Taktik anwendeten; die alte lineare Taktik des europäischen Militärs waren hier nutzlos bei einem Gegner, der angriff und sofort wieder verschwand, und das Gelände als Waffe gegen seinen Feind nutzte. Die USA kämpften einen solchen Krieg erst wieder ein Jahrhundert später in Vietnam.

Im Mai 1842 gab Präsident John Tyler den Befehl zur Beendigung der militärischen Aktionen; zu diesem Zeitpunkt kostete der Krieg bereits 20 Millionen $, 1.500 amerikanische Soldaten waren tot und noch immer wurde kein Friedensvertrag unterzeichnet. Schon war es die kostspieligste militärische Unternehmung in der Geschichte der noch jungen Nation – und sie war noch nicht vorbei. Dreizehn Jahre später wurde eine US Einheit auf der Suche nach ABiaka und anderen Gruppen angegriffen durch Seminolenkrieger unter der Führung von Billy Bowlegs. Die Regierung setzte ihre gesamte Reserve zur Suche nach dessen Hinterhalt ein.

Die Gefangennahme und Deportation von Bowlegs beendete die Kämpfe zwischen den Seminolen und der US Regierung. Nicht wie mit anderen Stämmen, konnte die US Regierung zu keiner Unterwerfung der Seminolen in Florida kommen. Historiker vermuten, dass nur einige Hundert Männer, Frauen und Kinder des Stammes unbesiegt blieben; sie versteckten sich in den Sümpfen des südlichen Florida. Kein Schikane, kein Angebot von Land, Vieh oder Alkohol konnte die in der Wildnis sich versteckenden zur Aufgabe bewegen. Die US Regierung erklärte den Krieg für beendet auch wenn kein Friedensvertrag unterzeichnet wurde.

Die Überlebenden in Florida waren zwei Gruppen: Angörige der Maskoki Sprache, die um den Lake Okeechobee lebten, und die der Hitchiti Sprachgruppe angehörigen – diese werden auch Miccosukee oder Seminolen genannt – die im Süden ansässig waren. Die Seminolen habe bis weit in das 20. Jahrhundert hinein überlebt. In ihren traditionellen kleinen Lagern in den Sümpfen, abgeschieden von der Gesellschaft und dem Rest der Welt leben sie nach ihren Traditionen während andere Stämme sich modernen Kulturen angepasst haben.

Nachkommen der der wenigen Gruppen, die nicht aufgegeben haben, bilden heute die Seminolenstämme, die Miccosukee Stämme und die unabhängigen Stämme.

Das 20. Jahrhundert begannen die Seminolen dort, wo sie mit Ende der Kriege gegen sie zurückgelassen wurden: in Armut, versteckt in abgelegenen Camps in den wilden und nassen Gebieten von Süd Florida. An diesen Orten, wenigstens in Ruhe von Angriffen der Regierung, schafften die letzten wenigen Indianer Floridas von ihrem Land zu leben mit einem minimale, Kontakt mit der Aussenwelt. Die Jagd, Fallenstellen, Fischen und der Handel mit den Weissen waren ihre wirtschaftlichen Grundlagen.

Zu dieser Zeit ging die Entwicklung der Küstenregionen weiter. Im Binnenland propagierten Politiker und Landentwickler eine Landgewinnung durch Drainage der Sumpfgebiete; der Fluss der Everglades wurde dadurch massgeblich beeinflusst. Dies wirkte sich auch auf entlegene Siedlungen der Seminolen aus. Missernten, abnehmender Fisch- und Wildbestand, heftige Schäden durch Hurricanes übten Druck auf die Stämme aus.

Der wirtschaftliche Zusammenbruch erfolgte 1920. Die Wildnis bot nicht länger eine Rettung; viele lebten jetzt als Angestellte auf Farmen oder bei kleinen touristischen Attraktionen im Zuge des Wachstums des Tourismus in Florida.

Zu diesem Zeitpunkt nahm die Regierung von den Schwierigkeiten Notiz. Um 1938 wurden 80.000 acres Land für die Seminolen im Gebiet Big Cypress, Hollywood und Brighton reserviert; die Seminolen wurden zur Nutzung eingeladen. Sie sollten damit vom Jagen und Gartenbau zu einer auf Landwirtschaft basierten Wirtschaft überzeugt werden. Nur wenige Siminolen nahmen diese Angebote an; sie hatten Misstrauen gegenüber einer Regierung, die ihre Vorfahren gejagt hatten.

1934 hat der Kongress das Gesetz zur Anerkennung der Indianer verabschiedet. Hierin wurde festgelegt, dass die Indianer eigene Wahlen zur Verwaltung ihrer Gebiete durchführen können. Immer noch voller Misstrauen gegenüber irgendwelchen Interventionen der Regierung  nutzten die Seminolen diese Möglichkeiten erst 23 Jahre später als der Stamm offiziell von der Regierung anerkannt wurde. Sie brachten jedoch 1947 eine Petition ein, in der sie die Rückgabe des durch Regierungsangriffe weggenommen Landes forderten.

Einige Führer trafen sich regelmässig unter einer grossen Eiche in der Hollywood Reservation. (Der Baum steht noch immer an der Kreuzung des Hwy 441 mit der Sterling Road.)  1957 beschloss man eine Verwaltung bestehend aus dem Tribal Council und dem Board of Directors mit gewählten Vertretern aus jeder Gemeinde des Reservates. Es war das gleiche Jahr, in dem der U.S. Kongress die nicht eroberten Stämme in Florida anerkannt hat.

Die erste Regierung der Seminolen brachte das bis dahin bestehende Chaos unter Kontrolle und erwirtschafteten erste Einkommen. Dies war der Beginn der modernen Seminolen in Florida. Weitsichtige Mitglieder der Verwaltung sahen die wirtschaftliche Zukunft weiter als die kleinen touristischen Unternehmen, die Alligator Shows, die Stände mit Handwerk am Strassenrand und die Touren durch die Dörfer. Bislang waren diese Unternehmungen die Grundlage der Wirtschaft.

Die nächste Generation erkannte den Vorteil von unabhängigen Wegen zum wirtschaftlichen Wohlstand. Geschäftsleute brachten ihre Erfahrungen ein und taten sich mit den etablierten Führern zusammen. Sie bewegten die Einkommen weit über die Grenze von Millionen Dollars. In den Stämmen Geborene nutzten ihren Einfluss neue Ideen bekannt zu machen und die Zustimmung für deren Durchführung zu erhalten.

Die Eröffnung von „Smoke Shops“ (Kioske, die steuerfreie Zigaretten anbieten – Reservate unterliegen nicht der Steuergesetzgebung des Staates und somit werden keine Verkaufssteuer und andere Staatsabgaben berechnet) brachten regelmässige Einnahmen und tun es auch heute noch. Die erste Bingo Halle eröffnete in Hollywood. Die Durchsetzung des Spielbetriebs gegen bestehendes Recht – nach Bundesrecht ist das Spielen jedoch nicht verboten – öffnete den Weg für viele Indianer Stämme. Heute ist das Glücksspiel der grösste Wirtschaftsfaktor in allen indianischen Gebeieten.

Unter der Führung von James Billie festigten sich die Seminolen sowohl politisch als auch finanziell. Zwei neue Reservate kamen hinzu Tampa und Immokalee). Ein neues Hotel konnte eröffnet werden, das Sheraton Tampa East. Daneben gründete man neue Schulen, Museen und touristische Einrichtungen. Die „Smoke Shops“ wurden weiter verbreitet. Die Seminolen hatten eine solide wirtschaftliche Grundlage.

Heute können sich die meisten Mitglieder der Stämme eine moderne Wohnung und Gesundheitsvorsorge leisten. Der Stamm gibt im Jahr über 1 Millionen Dollar für Erziehung aus. Über 300 Stammesmitglieder sind Angestellte in Dutzenden von Regierungsabteilungen, eingeschlossen Polizei. Viele neue Unternehmen werden von den Verwaltungsorganen unterstützt.

In der Verfassung ist der „Tribal Council“ als leitende Institution der Regierung festgelegt. Er setzt sich zusammen aus dem Vorsitzenden, seinem Vertreter und den Von den Reservaten gewählten Vertretern. Von ihm werden die Polizei, die „Human Resources Programs“, die Glücksspielgesellschaften, die Zitrus Plantagen, die Billie Swamp Safari, das Ah-Tah-Thi-Ki Museum und die Mehrheit der Tabakgeschäfte verwaltet.

Die Regierung der Seminolen ist befreit von allen Staats- und Regierungssteuern; die Stammesmitglieder sind jedoch für alle Steuern verantwortlich, die auch ein Bürger ausserhalb des Reservates abführen muss. Der Stamm hat kein System der Rechtssprechung; Rechtsfälle, die nicht auf Stammesebene aussergerichtlich erledigt werden können, kommen vor normale amerikanische Gerichte.

Die Bemühungen zur Erhaltung der einzigartigen alten Kulturwerte zusammen mit der Leitung eines modernen Wirtschaftsunternehmens ist das Hauptbestreben der Seminolen in Florida. Die Nachkommen von Osceola und anderer grosser Führer sind einen weiten Weg gegangen seit die Kugeln aufhörten zu fliegen. Heute ist das „Schlachtfeld“ häufig ein Gerichtssaal, in dem die Seminolen gezeigt haben, dass sie ihre Rechte verteidigen können. Die stolze unbesiegte Gemeinschaft der Seminolen bleibt immer ein wertvoller Bestandteil von Floridas reicher Geschichte.



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